Abstimmung über die Volksinitiative «AHVplus: für eine starke AHV»

Vorlagen und Propaganda zu Abstimmungen sind nicht immer einfach verständlich. Ich versuche in unregelmässigen Abständen eine „neutrale“ und kurze Entscheidungshilfe zu Abstimmungen zu geben, in dem ich Pro und Kontra kurz erkläre und wenn möglich auch die wichtigsten Effekte von beiden. Details zu allen Abstimmungen vom 25. September 16 findest Du unter https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/abstimmungen/20160925.html
Dieser Blog widmet sich der Volksinitiative #AHVplus
Abstimmungstext:

Wollen Sie die Volksinitiative «AHVplus: für eine starke AHV» annehmen?


Bundesrat und Parlament empfehlen, die Initiative abzulehnen.
Der Nationalrat hat die Initiative mit 139 zu 53 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt.
Der Ständerat mit 33 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung.

Quelle: Internetdokumentation zur Abstimmung des Bundes (www.admin.ch)

Adressiertes Problem
Die Altersvorsorge in der Schweiz geht von drei tragenden Säulen zur Sicherung des Lebensunterhalts von Rentnern aus. Die AHV als Umlage von Arbeitstätigen an die Rentner bildet dabei die Grundlage für alle, während die Pensionskasse den Teil des Verdienstes der über das AHV-Maximum hinaus gehen individuell abdecken und die eigenen Ersparnisse nach freiem Willen und eigenen Möglichkeiten angesammelt werden. Also müssten Leute mit geringerem Lohn und kleinen Beträgen in der Pensionskasse ihren Lebensunterhalt mit der AHV decken können. Es sei angemerkt, dass es für Bedürftige, für welche das nicht reicht, zusätzlich zur AHV Ergänzungsleistungen ausgerichtet werden. Seit 40 Jahren wurde die AHV-Rente nur sporadisch der Teuerung angepasst. Nach Meinung der Initianten ist dies heute zu wenig und weil die Renten real den Löhnen hinterher hinke. Unter anderem wird angegeben, dass für die Mieten bereits mehr als die Hälfte der AHV aufgewendet werden müsse.
Lösungsvorschlag
Die Initiative verlangt eine Erhöhung der AHV Rente um 10%. Der genaue Text lautet wie folgt.

Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung1 werden wie folgt ergänzt:
Art. 197 Ziff. 102 (neu)
10. Übergangsbestimmung zu Art. 112 (Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung)
1 (SR 101) Bezügerinnen und Bezüger einer Altersrente haben Anspruch auf einen Zuschlag von 10 Prozent zu ihrer Rente.
2 Der Zuschlag wird spätestens ab Beginn des zweiten Kalenderjahrs ausgerichtet, das der Annahme dieser Bestimmung durch Volk und Stände folgt. (Die endgültige Ziffer dieser Übergangsbestimmung wird nach der Volksabstimmung von der Bundeskanzlei festgelegt)
 
Pro
Durch die Anhebung der AHV-Rente würde der Druck auf die ärmsten Rentner theoretisch etwas erleichtert, da Ergänzungsleistungen. Da Ergänzungsleistungen die Differenz des Renteneinkommens zum Existenzminimum decken, würden die Staatsausgaben auf dieser Seite etwas entlastet, allerdings würde dadurch die Erhöhung für die Rentner mit Ergänzungsleistungen gar  nichts bringen.
Als weiterer positiver Effekt kann man annehmen, dass Rentner weniger sparen und das Zusatzeinkommen vermutlich zu erhöhtem Konsum verwenden werden. Damit würde auch die Wirtschaft von einer Erhöhung profitieren.

Kontra
Die Zahl der AHV-Bezüger steigt derzeit und in den nächsten Jahren einerseits wegen der steigenden Lebenserwartung, andererseits weil die Babyboomer (Mitte 1950er und 1960er Jahrgänge) ins Pensionsalter kommen. Damit müssen aus den AHV Beiträgen mehr Bezüger länger versorgt werden. Eine generelle Erhöhung der Renten um 10% wäre, zusätzlich zur seit 2014 bereits bestehenden, jährlichen Unterdeckung, eine grosse Belastung (geschätzt 7,5 Milliarden Franken jährlich). Die Differenz müsste über kurz oder lang die nächste Generation in Form von höheren AHV Beiträgen oder/und höheren Steuern bezahlen. Wie das gemacht werden soll ist in der Initiative nicht festgehalten.
Ergänzungsleistungen sichern das Existenzminimum für die Bedürftigen. Sie hätten von einer generellen Erhöhung keinen direkten Vorteil. Hingegen würden auch wohlhabende (reiche) Rentner pro Jahr ca. 2800 Franken mehr erhalten, ob sie es brauchen oder nicht.


Bemerkungen
Es zeigt sich seit einigen Jahren, dass das Dreisäulenmodell der Altersvorsorge äusseren Einflüssen unterliegt, welche vor 30Jahren nicht so erwartet wurden, wie sie heute eintreffen. Unter anderem führen die erhöhte Lebenserwartung, zusammen mit den extrem gesunkenen Basiszinssätzen, in der zweiten Säule dazu, dass „Neurentner“ weniger Rente erhalten als ursprünglich erwartet. Da die Höhe der Pension für Rentner nicht angepasst wird, besteht sogar die Gefahr, dass Pensionskassen Renten quersubventionieren (Gelder von Sparern für die Rente der Pensionäre verwenden).
Die Diskussionen über die nächste AHV-Revision, mit Erhöhung des Rentenalters und nötigen Anpassungen an der gesamten Altersvorsorge ist in Bern bereits im Gang.